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uhlerbornerduenen

Stellungnahme der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR)



 

​Bebauungsplan „Reitanlage an der Mainzer Landstraße“ / Ehemaliges IBM-Gelände Uhlerborn


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates Ingelheim,


im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung nehmen wir zum Entwurf des o.g. Bebauungsplanes wie folgt Stellung:


Die Errichtung einer Reitanlage auf dem ehemaligen IBM-Gelände wird aus raumordnerischen und naturschutzfachlichen Gründen abgelehnt. Das Vorhaben ist weder mit dem Regionalen Raumordnungsplan (RROP 2014) noch mit den Festsetzungen des europäischen Natura 2000-Netzes vereinbar. Es widerspricht allen politisch formulierten Zielen eines rückläufigen Flächenverbrauchs und eines besseren und verstärkten Natur- und Artenschutzes.


Begründung


I. Raumordnung


Im Regionalen Raumordnungsplan 2014 (RROP) ist das gesamte Gebiet zwischen Budenheim und Heidesheim bis zur jeweiligen Ortslage als Vorrang „Regionaler Grünzug (multifunktional) (Z)“ ausgewiesen. Als Funktionen sind genannt „Klimaschutz, Hochwasserschutz, Arten- und Biotopschutz, Grundwasserschutz, Erholung, Landschaftsbild, Kulturlandschaft“. Besondere Bedeutung im engeren Sinne hat hier der Arten- und Biotopschutz, da das Vorhabengebiet komplett von Naturschutzgebieten und dem Natura 2000-Netz umschlossen ist. Der Zusatz „Z“ bedeutet „Ziel“. „Ziele sind landesplanerische Letztentscheidungen. Sie sind einer Auslegung und Abwägung nicht mehr zugänglich und stellen verbindliche Vorgaben für die Planungsträger sowie für Genehmigungen und Planfeststellungen dar, die in der Karte als Vorranggebiete ausgewiesen werden. Andere raumbedeutsame Funktionen/Ziele sind ausgeschlossen, soweit sie mit der vorrangigen Funktion/Nutzung oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind. Die Ziele sind zu beachten, die Bauleitpläne sind den Zielen anzupassen….“ (RROP Seite 1 Instrumente der Raumordnung). Diese Regelungen mit der Ausweisung als Vorrang für den Arten- und Biotopschutz galten bereits für den RROP 2004.

Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Heidesheim ist das Vorhabengebiet als „Sondergebiet Freizeitgelände“ dargestellt. Diese Ausweisung hatte den historischen Grund, die ehrenamtlichen und extensiven Aktivitäten des IBM-Freizeitclubs zu sichern und weiter zu ermöglichen. Spätestens nach Beendigung dieser Aktivitäten hätte der Flächennutzungsplan wie vorgeschrieben im Sinne der Ziele des RROP angepasst werden müssen, und zwar jeweils nach den Fortschreibungen 2004 und auch nach 2014. Dies ist nicht geschehen und als gravierendes Versäumnis zu werten. Es gab zwar eine Anpassung des FNP im Jahre 2008, jedoch ohne Beachtung der Ziele RROP.

Dass die arten- und naturschutzfachlichen Ziele des Raumordnungsplanes im übertragenen Sinne auch für das Vorhabengebiet gelten, ergibt sich aus der Größe und umfassenden Ausdehnung. Diese ist angelehnt, ja identisch mit den ausgewiesenen Naturschutzgebieten zwischen Mainz und Bingen sowie dem Natura 2000-Netz (FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete). Insofern liegt der Vorrang „Regionaler Grünzug mit der Funktion Arten- und Naturschutz“ sozusagen „über“ dem Vorhabengebiet. Er begrenzt planungsrechtlich in erheblicher Weise Bebauungsabsichten und eine andere als naturverträgliche Flächennutzung. Dies gilt in besonderer Weise für „hochverdichtete Räume“. Der Raum Heidesheim wird im RROP als ein solcher bezeichnet (II.1.1. Raumstruktur, Seite 8).


Sowohl nach dem RROP 2014 (Leitvorstellungen Seite 3) als auch nach Baugesetzbuch § 35 gilt der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. Als Innenbereich wird die bebaute Ortslage definiert. Das Vorhaben befindet sich außerhalb der bebauten Ortslage, ist durch Naturschutzflächen von der bebauten Ortslage getrennt. In den Schutzgebieten kann keine Bebauung stattfinden, sodass auch von dieser Betrachtung her das Vorhabengebiet auf jeden Fall als „außerhalb“ gelten muss. Lt. BauGB § 35 sind Vorhaben im Außenbereich nur zulässig, „wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen“. Nach §35 Absatz 3 Ziffer 2 liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, „wenn das Vorhaben den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen

Plans widerspricht“. Die im vorliegenden Fall relevanten Pläne sind der Raumordnungsplan und der Bewirtschaftungsplan für das Kalkflugsandgebiet Mainz-Ingelheim und das Dünen-und Sandgebiet Mainz-Ingelheim.

Ein öffentliches Interesse an einer großdimensionierten Reitanlage besteht nicht. Ein Defizit an Sport- oder Reitanlagen in Ingelheim oder Umgebung ist nicht vorhanden. Im näheren Umkreis werden 8 Reitsportanlagen, Reitställe und Ponyhöfe, außerdem 2 Gestüte und sonstige Einrichtungen mit Pferdehaltung betrieben. Abgesehen davon ist es nicht Aufgabe einer Kommune, Reitanlagen zu fördern. Durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird vielmehr das private, gewerbliche Interesse eines Investors bedient.

Sollte mit „öffentlichem Interesse“ die vielfach in der Bevölkerung und sozusagen „unter der Hand“ diskutierte Möglichkeit eines so genannten „Kopplungsgeschäftes“ (Grundstücksgeschäfte im Gewerbegebiet Budenheimer Weg) zwischen dem Investor und der Stadt Ingelheim gemeint sein, so ist davon auszugehen, dass solche Kopplungsgeschäfte nicht nur anrüchig, sondern auch rechtlich zu beanstanden sind, zumal Naturinteressen an dieser Stelle ohnehin Vorrang hätten.


Besonders für vorgenannte „hochverdichtete Räume“ - so ist Heidesheim eingeordnet - gilt eine „nachhaltige Siedlungsentwicklung“. Im RROP ist als Ziel (Z 23, Seite 23) definiert: „Die quantitative Flächeninanspruchnahme ist bis zum Jahre 2025 regionsweit zu reduzieren….. Die Innenentwicklung hat Vorrang vor der Außenentwicklung. Bei einer Ausweisung von neuen, nicht erschlossenen Bauflächen im planerischen Außenbereich i.S. des BauGB ist durch die Bauleitplanung nachzuweisen, welche Flächenpotenziale im Innenbereich vorhanden sind und aus welchen Gründen diese nicht genutzt werden können, um erforderliche Bedarfe abzudecken“.

Ganz abgesehen davon, ob ein Bedarf nach weiteren Reitanlagen überhaupt vorhanden ist (siehe oben), betreibt der Investor im nahen Gewerbegebiet bereits eine Reitanlage. Somit besteht erst recht keine Notwendigkeit einer neuen Flächeninanspruchnahme im Außenbereich – und dazu noch in einem naturschutzfachlich hochsensiblen Gebiet.

Die Ermöglichung des Vorhabens würde de facto zu einem neuen Gewerbegebiet im Außenbereich führen. Dies wäre mit dem vorgenannten Ziel nicht vereinbar.


An anderen Stellen des RROP wird auf die besondere Bedeutung des Freiraumschutzes hingewiesen. So etwa auf Seite 36 (G 51 Erhaltung Flugsandböden), Seite 37 (Z 52 Freiraumschutz in Regionalen Grünzügen - Sicherung und Entwicklung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen), in Z 53 (gleiche Seite) sind „in Regionalen Grünzügen und Grünzäsuren nur Vorhaben … zulässig, die die Funktionen … nicht beeinträchtigen oder unabdingbar notwendig sind; flächenhafte Besiedlung oder Bebauung ist nicht zulässig“. Und in G 54 (gleiche Seite) sind regionale Grünzüge …“ so (zu) entwickeln und (zu) gestalten, dass diese nachhaltig die oben genannten Funktionen erfüllen können, zur Erhaltung und Gestaltung einer ausgewogenen Freiraumstruktur im Zuge der fortschreitenden Entwicklung von Stadtlandschaften und zu einer langfristigen Verbesserung der Umweltqualität im dichtbesiedelten Raum beitragen …“.

Hierzu siehe auch offizielle Kommentierung auf Seite 39: „Nichtprivilegierte Einzelvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB (um ein solches handelt es sich zweifellos!) beeinträchtigen regelmäßig die Funktionen von regionalen Grünzügen und Grünzäsuren und sind daher ausgeschlossen“.

Dies alles sind starke Hinweise darauf, dass der Bau einer großdimensionierten Reitanlage inmitten des regionalen Grünzuges und von Schutzgebieten nicht möglich ist und allen Grundsätzen einer vernünftigen Raumentwicklung, hier besonders des Freiraumschutzes, widerspricht. Im Übrigen sei noch darauf verwiesen, dass im Anhang 4 des RROP „Besonders schutzwürdige Bereiche“ namentlich genannt sind, hier der Lennebergwald, die Sand- und Steppenrasen und Extensive Obstbestände.


Wenn dargestellt wird, die geplante Reitanlage entspreche dem Flächennutzungsplanzweck „Freizeitgelände“, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Reitanlage in ihrer Dimension und Ausprägung eindeutig eine gewerbliche Großanlage ist. Denn es sind Gebäude, Stallungen und Funktionsräume für 100 Pferde geplant, neben Parkplätzen, Galoppierbahn, Reithalle, Tribünenanlagen, Ausritt- und Weideflächen, Lager, Werkstätten, ein Hufschmied, Tiermedizinische Behandlungseinrichtungen sowie eine öffentliche Gaststätte und mehrere Dienstwohnungen. Das hat mit der ehemaligen Zweckbestimmung des FNP als ehrenamtliche, extensive Freizeitnutzung nicht mehr das Geringste zu tun. Um dies zu verdeutlichen, ein Vergleich: Wenn es rein um die Interpretation des Begriffs „Freizeitgelände“ ginge, so könnte man dort auch ein Bundesligastadion, eine Autorennbahn, eine Motocrossbahn (!) bauen – wäre ja alles unter „Freizeit“ zu subsumieren. Der Vergleich zeigt, wie unsinnig manche Argumentationen sind. Es geht darum, dass die derzeitige Planung (ebenso wie die vorherige Planung als Wellness- und Sauna-Ressort) eine massive Nutzungsänderung entgegen den übergelagerten Festsetzungen der Raumordnung zum Ziel hat. Sie ist deshalb als nicht raumverträglich einzustufen und abzulehnen. Dies wäre notfalls auch gerichtlich nachzuprüfen.


II. Naturschutzrecht


Das Vorhabengebiet ist von ausgewiesenen Naturschutzflächen umgeben. Es liegt inmitten des Naturschutzgebietes Lennebergwald und ist großräumig umschlossen vom Europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“, nämlich FFH-Gebiet (FFH = Fauna-Flora-Habitat) „Kalkflugsandgebiet Mainz-Ingelheim“, Vogelschutzgebiet „Dünen- und Sandgebiet Mainz-Ingelheim“, sowie Landschaftsschutzgebiet „Rheinhessisches Rheingebiet“. Zusammengenommen sind dies die höchsten Schutzfaktoren, die es gibt. Allein schon aus diesem allgemeinen Grund ist die Errichtung einer gewerblichen Großfreizeitanlage ausgeschlossen.

Wie im vorgenannten Abschnitt beim RROP ausgeführt wurden bei der Festsetzung der Abgrenzungen der Schutzgebiete die in Flächennutzungsplänen ausgewiesenen Sondergebiete ausgenommen. Dies bedeutet aber nicht, dass man dort „machen kann was man will“; vielmehr darf die Planung den umgebenden Schutzgebietsintentionen nicht nur nicht widersprechen, sie muss den Zielsetzungen auch entsprechen. Nach europäischem Naturschutzrecht gelten ein Verschlechterungsverbot und ein Optimierungsgebot für Arten und Lebensräume. In den Managementplänen, die aufgestellt werden müssen, um diese Ziele zu erreichen, dürfen Festsetzungen auch für angrenzende Bereiche getroffen werden, sofern sie für eben diese Zielsetzungen relevant sind. Dies ist hier eindeutig der Fall, denn wie bereits ausgeführt ist das Vorhabengebiet in Gänze von Naturschutzgebieten, FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten umschlossen. Folglich trifft die Bewirtschaftungsplanung (Managementplan) des FFH- und Vogelschutzgebietes für das Vorhabengebiet genaue Festsetzungen:

Seite 29: „Wo: Offene Dünenbereiche zwischen Uhlerborn und Sportgelände nördlich der L 222; Ziel: Wiederherstellung ausgedehnter Sand- und Steppenrasen zur Etablierung von dauerhaften Vorkommen der Sand-Silberscharte und Förderung der Sand- und Steppenrasen; Beruhigung des Gebietes von Freizeitaktivitäten.“

Seite 30: „Wo: Ehemalige Sportanlagen des IBM-Clubs Heidesheim. Ziel: Wiederherstellung naturnaher Sand- und Steppenrasen sowie Lebensräume (Nahrungshabitate) der Zielarten Wiedehopf und Heidelerche. …….. Rückbau der Sportanlagen (Gebäude, Sportfelder) im ehemaligen IBM-Sportgelände unter Erhaltung der bestehenden Relikte und Potenzialflächen zur Entwicklung von Sand- und Steppenrasen, deren Wiederherstellung und Pflege, Maßnahmen zur Erhaltung störungsfreier, beruhigter Vogellebensräume“.


Unter diesen rechtserheblichen Vorgaben ist eine Bebauung des Geländes oder gar eine gewerbliche Nutzung nicht möglich. Im Zweifelsfall werden die Rechtserheblichkeit und damit die Rechtswidrigkeit der Planung gerichtlich festgestellt werden müssen. Da es sich um eine europäische Richtlinie handelt, muss auch die europäische Kommission Stellung nehmen. Die Kommission wird in Anwendung ihrer Richtlinie in dem Vorhaben einen Verstoß sehen und den deutschen Planungsbehörden die Ablehnung des Vorhabens auferlegen.


Sofern es unter diesen genannten Voraussetzungen überhaupt noch zu weiteren Planungsschritten kommt, wird es eine (kostenintensive!) Umweltprüfung mit einer Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung geben müssen. Diese sind bei weiteren, konkreten Planungsschritten zwingend und wird hiermit beantragt. Dabei geht es nicht nur ausschließlich um das konkrete Vorhabengebiet, in welchem auch Biotope (§30) und Sandrasenrelikte zerstört werden. Sondern vielmehr werden die Auswirkungen des Betriebs der Großreitanlage auf das Umfeld, den Lennebergwald und den Waldrand mit den Übergängen ins Offenland, die angrenzenden wertvollen Sandmagerrasen-Biotope, die verkehrlichen Belastungen der umliegenden Wohnbevölkerung usw. untersucht.


Das Bauvorhaben liegt nicht nur mitten im Naturschutzgebiet, erschwerend und darüber hinaus am Waldrand. Natürliche Waldränder weisen die größte Artenvielfalt auf, sie ist deutlich größer als im Waldinneren. Das liegt an der abgestuften Struktur, angefangen von Wildkräutern, Blühpflanzen über Sträuchern – oft mit Beeren – bis hin zu halbhohen Bäumen. Und häufig sonnenexponiert, mit relativ viel Licht und Luft. Da ist viel Nahrung und Lebensraum für Käfer, Wildbienen, Falter; es folgen Zauneidechse und Mauereidechse, Ringelnatter, Igel, Spitzmaus und Haselmaus, und dementsprechend sehr viele Vogelarten, teils auch bestandsbedroht. Waldränder sind bevorzugtes Jagdgebiet für Fledermäuse, heimisch sind dort Neuntöter, Kuckuck, Goldammer, Lerchen, viele Spechte (unter anderem der Schwarzspecht), Käuze, Eulen, nicht zuletzt der besonders geschützte Wiedehopf.

Es braucht nicht viel Phantasie, was in einem solchen wertvollen Bereich eine Freizeitgroßanlage anrichtet. Störungen und Beunruhigung durch den Reitbetrieb, vermehrtes Ausreiten in die angrenzenden Waldbereiche, besonders an Abenden und Wochenenden Fahrzeugverkehr, Gaststättenbetrieb, Belastungen durch Exkremente (insektentödliche Antiparasitika zur Entwurmung der Pferde, Habitat zerstörender Nährstoffeintrag), Störung durch Lichtverschmutzung (vor allem während der winterlichen Ruhezeit der Arten).

Dabei ist zu beachten, dass gerade die wertvollen Waldränder im Lennebergwald schon über Gebühr beansprucht sind: Die Bebauung rückt immer näher an den Waldrand heran, ebenso intensiv bewirtschaftete Felder mit viel Gift, Autobahnen, die noch verbreitert werden sollen. Der Klimawandel setzt dem Lennebergwald in seiner Gesamtheit arg zu, ganze Bereiche sterben aktuell ab. Mehr als eine Million Besucher pro Jahr einschließlich Hunde und Reiter muss der Wald in seiner Naherholungsfunktion bereits verkraften. Schon ist wieder von Sand- und Kiesabbau die Rede – und nun noch eine gewerbliche Reitgroßanlage. Es ist die Kumulation der Störungsfaktoren, die dem Großprojekt entgegenstehen! Und diese Kumulation muss genauestens untersucht werden – was bisher nicht geschehen ist. Einfache Vernunftgründe legen nahe, dass es höchste Zeit ist, den immer größer werdenden Belastungen ein Ende zu setzen und keine weiteren Belastungsfaktoren zuzulassen.

Das derzeitige Reitwegenetz im Lennebergwald musste wegen des schlechten Zustandes des Waldes reduziert werden. Vertrocknete Bäume brechen zusammen, etwa 20 ha Wald wurden inzwischen abgesperrt. Um die Belastung durch Reiter zu qualifizieren und zu beurteilen, hat der Revierförster im Jahr 2020 eine Pferdezählung durchgeführt. Um Fronleichnam wurden innerhalb von 6 Tagen 48 Einritte registriert, im Juli 2020 gab es 13 Einritte pro Tag. Eine weitere Großreitanlage mit 100 Pferden und direktem Zugang zum Wald wird die Belastung des Lennebergwaldes durch Reitbetrieb enorm verstärken. Beobachtungen zufolge halten viele Reiter sich nicht an die ausgewiesenen Reitwege. Dadurch werden die Waldwege, die den Wanderern und Radfahrern vorbehalten sind, schwer geschädigt. Etliche sind kaum noch passierbar, besonders zu besichtigen im Umfeld des Reiterhofes an der L 422 Abzweigung Budenheim/Gonsenheim.

Erschwerend kommt hinzu, dass die geplante Reitanlage sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum trockensten Bereich des Lennebergwaldes befindet. Diese Areale stellen den naturschutzfachlich hochwertigsten Bereich dar. Laut FFH-Bewirtschaftungsplan sind diese Flächen absolut vorrangig zu entwickeln. Es handelt sich um Kiefernwald der sarmatischen Steppe, Lebensraumtyp nach FFH Natura 2000-Code 91UO, den es in Rheinland-Pfalz nur hier gibt.


III. Zu den Planungsunterlagen


Teil Begründung:

Seite 2 Ziffer 2: Auch wenn die Stadt „großes Interesse“ daran hat, das Gelände als Freizeitgelände beizubehalten, so muss sie deshalb keine Reitanlage planungsrechtlich fördern. Das ist nicht Aufgabe einer Kommune und kann nicht als öffentliches Interesse definiert werden, zumal ganz offensichtlich ein vorrangiger Bedarf an Reitanlagen nicht vorhanden ist (siehe auch vorherige Ausführungen).

Seite 3 Ziffer 4.2: Bei der Aufzählung der „derzeitigen Nutzung“ fehlt der Hinweis, dass der Investor lt. Beobachtungen von Anwohnern illegal große Mengen Sand und Erde (man spricht von 100 Lastwagen) auf das Gelände gefahren und daraus eine Motocross-Strecke errichtet und diese auch genutzt hat. Dabei wurden verschiedene § 30-Biotope vernichtet, möglicherweise auch Schadstoffe eingetragen. Dies wäre noch zu untersuchen. Nachdem die Untere Naturschutzbehörde durch Anwohner von den illegalen Aktivitäten des Investors unterrichtet wurde, musste er in der Folge den Sand wieder abfahren. Ob dies vollständig und unter Wiederherstellung der § 30-Biotope geschehen ist, wäre noch zu untersuchen. Hinweisen von Anwohnern ist zu entnehmen, dass auch nach Entfernung des Sandes Geräusche von Motorradfahrten auf dem Gelände zu hören waren. Somit ist zumindest der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass auch gegenwärtig noch eine Nutzung als Motocross-Strecke stattfindet. Dies müsste in der Vorhabenbeschreibung erwähnt werden.

Seite 4 Darstellung der Bebauung: Die im Vorhabenbericht enthaltene floristische und faunistische Kartierung (C. Willigalla, G. Gorzeskaja 2019) weist auf dem ehemaligen IBM-Gelände Biotope yDD Sandsteppenrasen nach, die nach §30 BNatSchG geschützt sind. Durch das Vorhaben werden diese Biotope zerstört, siehe nachstehende Skizze:






Seite 5 Art der baulichen Nutzung: Die große Zahl der in der Aufzählung genannten Gebäude, Hallen, Ställe, Ent- und Versorgungseinrichtungen, Funktionsräume, Schulungseinrichtungen, Wohnungen, Zufahrten, Schank- und Gaststätte, Parkplätzen sowie Freiflächen für Ausritte, Galoppierbahn, Weiden und Paddocks belegt, dass es sich um eine außerordentlich groß dimensionierte, gewerblich betriebene Reitanlage handelt. Die angestrebte Haltung von bis zu 100 Pferden unterstreicht dies.

Viele befragte Experten haben erhebliche Zweifel, dass eine artgerechte Haltung von 100 Pferden auf der nur 5,5 ha großen Vorhabenfläche möglich ist, zumal ein Teil der Fläche im Nordwesten, geschätzt ein Drittel, als Steppenrasenbiotop nicht zur Verfügung steht. Damit reduziert sich die für Tierhaltung und Gebäude zur Verfügung stehende Fläche auf nur noch ca. 3,6 – 3,8 ha. Das Vorhaben muss somit unter einschlägigen Tierschutzbestimmungen und unter den allgemein für Pferde als Flucht- und Herdentiere anerkannten Haltungsbedingungen noch eingehend überprüft werden. Aussagen dazu sind im Vorhabenbericht nicht zu finden.

Vorsorglich weisen wir aber darauf hin, dass letztendlich die Fläche des geschützten Sandbiotops doch für die Pferdehaltung genutzt und damit zerstört werden könnte, ganz abgesehen davon, dass bereits die Galoppbahn hindurchführen soll. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Investor die von ihm bereits gekauften Flächen außerhalb des Vorhabengebietes zur Pferdehaltung, z.B. als Weidefläche, nutzen könnte oder will. Diese Flächen liegen aber vollständig im Naturschutzgebiet, eine Erlaubnis dazu ist nach Auskunft der Oberen Naturschutzbehörde auf keinen Fall möglich.


Seiten 7 u.8, Verkehrliche Erschließung: Es werden 3 Varianten der verkehrlichen Erschließung genannt, ohne dass Aussagen zu einer Realisierbarkeit oder Folgen und Auswirkungen getroffen werden. Das soll im weiteren Verfahren geschehen.

Eine solche Herangehensweise in einer der für betroffene Bürger wichtigsten Fragen ist nicht zu akzeptieren, auch nicht, wenn es sich um eine frühzeitige Anhörung handelt. Über diesen formalen Aspekt hinaus ist zu den Varianten anzumerken: Die in Variante 1 skizzierte Erschließungsstraße führt durch Naturschutzgebiet und ist deshalb nicht realisierbar. Bei Variante 2 müssen sämtliche zuführenden Straßen, vor allem die Lennebergstraße, saniert werden, zum Teil verbreitert werden. Die grundlegende Sanierung ist wegen des zusätzlichen Verkehrs notwendig, der durch die Großanlage zu erwarten ist. Die zusätzliche Verkehrsbelastung bei 100 Eigentümern der auf der Anlage eingestellten Pferde dürfte erheblich sein, besonders an Abenden, Wochenenden und wenn Turniere stattfinden. Eine Verbreiterung der Zufahrten ist nicht möglich, da sie im Naturschutzgebiet liegen.

Beim Passus „Der nördlich des Plangebiets verlaufende Wirtschaftsweg bleibt bestehen und eignet sich als zusätzliche Erschließung“ ist darauf hinzuweisen, dass dieser Weg eines der wichtigsten Biotope mit Sandmagerrasen im Bereich der Uhlerborner Dünen tangiert. Er kommt also für keine Art irgendeiner Erschließung infrage.

Seite 8 Technische Erschließung: Auch dieser Themenkomplex wurde nicht erläutert, die Klärung auf die nächsten Planungsschritte verschoben. Das Verfahren ist ebenfalls zu beanstanden, geht es bei 100 Pferden sowie Publikums- und Gaststättenbetrieb doch um beträchtliche Mengen von Gülle, Mist und sonstigen Abfällen, die auch mit Medikamenten (insbesondere Antiparasitika zur regelmäßigen Entwurmung) verunreinigt sein können. Denn: Wir befinden uns mitten in Naturschutzgebieten! Der Hinweis auf die „Versickerungsfähigkeit von Sandböden“ führt naturschutzfachlich bereits in die falsche, nicht akzeptierbare Richtung!


Seite 9, Ziffer 5.5, Grünordnung und Freiflächen: Es wird bezweifelt, dass die vorgesehene Entwicklung eines Sandsteppenrasens im Nordwesten des Plangebietes erfolgreich durchgeführt werden kann. Durch die naturschutzfachlich sehr hochwertige Fläche soll die Galoppbahn führen, ihr Betrieb wird viel Staub aufwirbeln, der sich im Biotop ablagert und dieses schädigt oder sogar vernichtet; die verbleibenden Flächen für eine artgerechte Pferdehaltung sind äußerst knapp, raumgreifende Ausritte nur außerhalb des Geländes möglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Sandsteppenbiotop für die Pferdehaltung zweckentfremdet wird, ist groß. Außerdem bietet die Persönlichkeit des Investors keine Garantie für das Einhalten von Auflagen und Bestimmungen des Naturschutzes, da er sich mit seinen Aktivitäten (Motocrossbahn) bereits ordnungswidrig verhalten hat. Im Übrigen sind solche Auflagen, Restriktionen oder Strafbewehrungen in den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar.


Seiten 10 und folgende, Ziffer 5.6., Umwelt und Natur: Auf das unbedingte Erfordernis einer umfassenden Umweltprüfung mit Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung wurde bereits hingewiesen. Die Notwendigkeit wird durch die Umweltaussagen in den vorgelegten Unterlagen bestätigt, denn diese Listen nur die im Plangebiet und engen Umfeld vorkommenden Arten auf (Kartierung) und beziehen nicht die Auswirkungen des Reitbetriebs auf die Umwelt mit ein (was wohl auch nicht der Auftrag war). Ansonsten verweisen wir auf die nachfolgende Stellungnahme zur floristischen und faunistischen Kartierung.



Teil Floristische und faunistische Kartierung

Seite 1, Ziffer 2.1 Untersuchungsgebiet: Nur der Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, dass Amphibien und Reptilien nicht nur im auf der Karte ocker umgrenzten Bereich vorkommen. Der Verfasser dieser Stellungnahme kommt seit Jahren regelmäßig in dieses Gebiet; er hat immer wieder Zauneidechsen in der Umgebung und direkt am Zaun des umzäunten Geländes beobachtet, außerdem auf einem Weg ca. 200 m nordöstlich des Plangebietes eine Ringelnatter (2017).

Folgende Nachweise von Reptilien rund um das IBM-Gelände liegen uns vor: Barrennatter (Wanner), Schlingnatter (Wanner), Mauereidechse (Reder, Wanner), Zauneidechse (Reder, Wanner).

Anzumerken ist noch: Eckhardt Wanner beobachtete, dass die vom Investor außerhalb des IBM-Geländes gekauften Kalkflugsandflächen, die ja im Naturschutzgebiet liegen, mehrmals bis in größere Tiefen durchgefräst wurden. In diesem Gebiet gab es früher zahlreiche Blindschleichen, nach den mehrmaligen Fräßprozessen waren diese verschwunden.


Seiten 13 – 15 Vögel: In der Kartierliste wird der Schwarzspecht als „potenzieller Brutvogel“ und der besonders geschützte und als „wertgebende Art“ für das Vogelschutzgebiet gelistete Wiedehopf als „Nahrungsgast“ geführt. Das ist in beiden Fällen eine ungenügende Einstufung. Wiedehopf und Schwarzspecht sind definitiv im Gebiet Brutvögel. Beide Arten haben der Verfasser und weitere Beobachter im Gebiet so häufig und dauerhaft gesichtet und verhört, dass sie nach anerkannten Methodenstandards hier als Brutvögel zu werten sind. Die Untersuchung ist also in diesem Punkt unzureichend.

Die nachstehend genannten, teils besonders geschützten und wertgebenden Arten kommen im Gebiet vor, sind im Kartierbericht aber nicht genannt. Möglicherweise war eine erweiterte Kartierung auch nicht Auftrag, und bei wenigen Kartierterminen und engem Untersuchungsradius können nicht alle Arten erfasst worden sein. Die Kartierliste muss mindestens um folgende Gebietsarten ergänzt werden: Wespenbussard, Habicht, Rotmilan, Baumfalke, Hohltaube, Turteltaube, Waldohreule, Wendehals, Mittelspecht, Kleinspecht, Neuntöter, Heidelerche, Feldlerche und Brachpieper. (siehe auch Gesamt-Artenliste im Anhang)


Seiten 17 ff, Ziff. 3.4., Reptilien: Die Feststellungen und Aussagen sind überraschend und aus unserer Sicht zum Teil anzuzweifeln bzw. naturschutzfachlich nicht haltbar, weil hochspekulativ.

Dass 2013 keine Mauereidechsen nachgewiesen wurden, kann den wenigen oder ungünstigen Kartierterminen oder äußeren Umständen wie Wetterlagen und Umgebungseinflüssen geschuldet sein. Daraus zwingend zu schließen, die Mauereidechsen seien „eingeschleppt und hätten sich nicht aufgrund natürlicher Verbreitung angesiedelt“, ist zu gewagt. Möglicherweise kann das sein, auch beispielsweise durch die illegalen Transporte von Sand und Erde im Zuge des Baus der Motocrossbahn. Möglicherweise waren aber ganz natürliche günstige Umstände für die doch massive Verbreitung der Population mit rund 60 Exemplaren maßgebend. Denn Mauereidechsen siedeln beispielsweise sehr gerne im südlich exponierten, warmen Schotterbereich von Bahntrassen – und eine solche Bahntrasse ist in der Nähe. Eine Besiedlung des IBM-Geländes und des Umfeldes von dort ist durchaus möglich und sogar wahrscheinlich.


Eindeutig widersprochen werden muss vor allem der These, dass die Population der Mauereidechsen aufgrund der (spekulativen!) Ursache ihrer Verbreitung anders zu behandeln sei als andere geschützte Reptilienarten, z.B. der Zauneidechse. Beide Arten, Mauereidechse und Zauneidechse einschließlich ihrer Unterarten, sind durch europäisches und deutsches Artenschutzrecht streng geschützt. Ob die eine Art die andere verdrängt hat und in welchem Ausmaß dies geschah, ist unerheblich. Erheblich ist nur die Tatsache des nachgewiesenen Vorkommens der beiden Arten.

Der „Lebensraum für die Reptilien“ muss keinesfalls wegen der vermuteten Dominanz der Mauereidechse gegenüber der Zauneidechse „neu bewertet werden“ (Seite 17 unten), wohl aber durch die Nutzungsänderung des Gebietes durch aktiven Reit- und Pferdesport.

Die Aussage auf Seite 18 „Da die Mauereidechse ins Gebiet verschleppt wurde, muss sie als nicht autochthon angesehen werden. Zu beachten ist weiterhin, dass die Umgebung von Mainz nicht zum natürlichen Lebensraum der Art gehört“ ist naturschutzfachlich nicht haltbar und grundlegend falsch. Die Mauereidechse ist in ganz Rheinland-Pfalz in geeigneten trockenwarmen Habitaten heimisch. In allen Verbreitungskarten ist der Raum Mainz keinesfalls ausgespart, die Art wird überall im Raum Mainz bis Bingen und darüber hinaus gesichtet und kartiert. Sie ist, das wird richtig festgestellt, mit all ihren Unterarten streng geschützt. Es kann deshalb ausdrücklich nicht kontraproduktiv sein, die Mauereidechsen abzufangen und in andere Gebiete umzusiedeln. Die Logik erschlösse sich nur dann, wenn man von einer invasiven Neozoenart ausginge, aber das ist die Mauereidechse ausdrücklich nicht.

Wer nach dem Grund dieser doch naturschutzfachlich etwas verqueren und weit hergeholten Argumentation des Vorhabenberichtes sucht, wird schnell fündig: Die Population müsste nämlich komplett abgefangen und umgesiedelt werden. Das muss im Zuge einer CEF-Maßnahme (vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme) geschehen. Man muss also eine geeignete Fläche suchen und finden, dort darf keine Artenpopulation vorhanden sein, die verdrängt werden könnte, somit eine mauereidechsen- und zauneidechsenfreie Fläche. Ein räumlich-funktionaler Zusammenhang muss außerdem noch bestehen. Nach der Umsiedelung muss die Funktionsfähigkeit der neuen Fläche mind. 5 Jahre beobachtet und nachgewiesen werden, bevor mit der Bebauung oder der Veränderung des Ursprungsgebietes begonnen werden darf. Das kostet Geld und Zeit.


Deshalb also die naturschutzfachlich völlig unzureichende und falsche Darstellung und demgemäß das Bestreben, nur durch Vermeidungsmaßnahmen und Reptilienzäune „die lokale Population der Mauereidechsen zu erhalten“.

Aber das wird nicht funktionieren. Die Population ist so stark geworden durch die extensive Nutzung des Geländes – vor allem durch die sehr geringe Frequentierung des Geländes durch Menschen, und in Verbindung mit schotterähnlichen, schütteren Randbereichen der kaum genutzten Sportflächen. Zeitweilig war dort monatelang kaum ein Mensch zu sehen (auch schon vor der Pandemie!). Ein Reitbetrieb mit der großen Anzahl der Pferde, ihrer Besitzer und deren Aktivitäten wird die Mauereidechsen-Population in kurzer Zeit völlig vernichten. Eine Umsetzung im Rahmen einer CEF-Maßnahme wird somit zwingend erforderlich.


In der Kartierliste sind nur die Mauereidechsen genannt. Dies ist absolut unzureichend. In dem Gebiet, teils unmittelbar angrenzend an die Vorhabenflächen, kommen außerdem vor: Zauneidechse, Blindschleiche, Glatt-/Schlingnatter, Barrennatter/Ringelnatter.


Fehlende Artenlisten Insekten.

Insektenarten sind im Vorhabenbericht und im Kartierbericht überhaupt nicht genannt. Hier wären auch die Auswirkungen auf das Umfeld der Reitanlage zu berücksichtigen, die durch den Medikamenteneinsatz, insbesondere von regelmäßigen Gaben von Antiparasitika zu beachten, Dies ist ein schweres Versäumnis und zeigt, wie unzureichend die vorgelegten Unterlagen sind. Angesichts des Rückgangs der Insekten und der aktuellen Probleme etwa der Wildbienen, Schmetterlinge und Libellen und vieler anderer Arten ist besonders unverständlich, ja haarsträubend, dass diese Arten völlig unberücksichtigt sind.

(Siehe auch Gesamt-Artenliste im Anhang)



Teil Geotechnischer Bericht


Der geotechnische Bericht befasst sich mit der Frage, ob die vorhandene Dünenstruktur des Vorhabengebietes natürlich entstanden ist oder aufgrund einer anthropogen überprägten Umgestaltung, also infolge künstlicher Aufschüttung.

Natürlich entstandene „äolische“ (Windaufschüttungen) Dünen sind gesetzlich geschützt. Eine Bebauung dürfte damit unmöglich werden. Das vom Investor bestellte Gutachten kommt insofern erwartungsgemäß zu der Aussage, die Dünen seien im Zuge von Bautätigkeit (Clubheim, Sportplätze etc.) entstanden. Zwar sind die Dünen auf dem Plangebiet Teil eines langgestreckten Dünenbandes auch außerhalb des IBM-Geländes, dies aber wird erklärt mit „kriegsbedingt“, wofür allerdings keine Belege vorgelegt werden. Als Beleg für anthropogene Entstehung der Dünen werden die Ergebnisse von Bohrungen genannt, deren Standorte mit dem Investor abgesprochen wurden. Die in den Bohrkernen gefundenen Strukturen einschließlich Plastikreste, so das Gutachten, belegten die Annahme einer Entstehung durch Menschenhand.

Wegen unserer sicherlich nicht ausreichenden Sachkunde möchten wir uns kein Urteil über das Gutachten und seine Schlussfolgerungen erlauben. Allerdings ist die gesamte geologische Bodenstruktur mit ihren vielfältigen Dünenausprägungen des Rheintales von Darmstadt bis Bingen durch Windaufschüttungen vor 10.000 bis 11.000 Jahren entstanden, so z.B. auch der Mainzer Sand. Nun fragt sich der gesunde und von Natur aus eher skeptische Menschenverstand schon, warum dies im kleinen Bereich des Vorhabengebietes grundsätzlich anders gewesen sein soll?

IV. Gesellschaftspolitische Aspekte


Dem Natur- und Artenschutz kommt Gott sei Dank immer größere Bedeutung zu. Viele Menschen erkennen und akzeptieren zunehmend, dass sich grundlegend und in wirklich allen Bereichen etwas verändern muss, wenn es gelingen soll, die Klimaveränderungen so abzumildern, dass sie nicht unser aller Existenz bedrohen. Auch die Pandemie hat zu dieser Erkenntnis und zu deutlich beobachtbaren Verhaltensänderungen beigetragen. Es ist längst klar und durch viele wissenschaftliche Studien untermauert, dass einen Gesamtzusammenhang gibt zwischen CO²-Emissionen, Flächenverbrauch, Naturzerstörung, Artenschwund und nicht nachhaltigem Wachstum. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte als Reaktion auf die jüngsten Flutkatastrophen, „Deutschland müsse sich sputen im Kampf gegen den Klimawandel …….durch eine Politik, die eben die Natur und das Klima mehr in Betracht zieht, als wir das in den letzten Jahren gemacht haben“ (ZDF „heute“ 18.7.21). Dem ist nichts hinzuzufügen. Und noch vor wenigen Wochen hat die Kanzlerin anlässlich diverser Artenschutzkonferenzen die Forderung erhoben, 30 % der Landflächen weltweit und damit auch in Deutschland unter besonderen Schutz zu stellen. Das ist notwendig, denn Artenschutz geschieht durch Lebensraum-Schutz. Aktuell liegen wir bei ca. 20 %, es bleibt also noch viel zu tun.

Ein Teilaspekt dieser Problematik ist der im dichtbesiedelten Deutschland immer noch viel zu hohe Flächenverbrauch. Trotz aller politischen Reduktionsziele verbrauchen wir immer noch rund 52 ha pro Tag, das sind rund 73 Fußballfelder – und das seit Jahrzehnten und bei stagnierenden oder zurückgehenden Bevölkerungszahlen (Quelle: Bundesumweltministerium). Die Verantwortung hierfür liegt vor allem bei den Kommunen; ihre Planungshoheit ist der Kristallisationspunkt für Flächenverbrauch, Naturschutz und Artenschutz.

Jede Gemeinde, jede Stadt hat ihre eigene Verpflichtung und Verantwortung, den Flächenverbrauch zu begrenzen und die Rechte der Natur, ihrer Arten, ja der ganzen Schöpfung nicht nur zu beachten, sondern aktiv zu fördern. Eine große Mehrheit der Menschen will das auch.

Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht unverantwortlich, mitten im Naturschutzgebiet den Interessen eines Investors nachzugeben und eine Großreitanlage zu genehmigen. Der Stadtrat sollte im Interesse der Natur von weiteren Planungsschritten absehen.



Mit freundlichen Grüßen



(Unterschrift)



Anlage: Gesamt-Artenlisten Gebiet Uhlerborn mit Angabe der Autoren




 




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