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Stellungnahme bzgl. Regelwerk Schutzgebiete

Aktualisiert: 19. Juli 2021

Da das Areal inmitten von Schutzgebieten liegt und überdies Teil eines vom BfN ausgewiesenen Biodiversitäts-Hotspots ist möchten wir von der Stadt wissen, wieso sie nicht anstrebt, das Areal in die benachbarten Schutzzonen zu integrieren.


 

(Verfasser)


Stadtverwaltung Ingelheim

Rathaus

Fridtjof-Nansen-Platz 1

55218 Ingelheim




Betr.: Bebauungsplan „Reitanlage an der Mainzer Landstraße“




Vorentwurf vom 24.06.2021

Stellungnahme Nr. 6


Bezug: Regelwerk für internationale und nationale Schutzgebiete




Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Claus,


im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit an der Bauleitplanung habe ich folgende Anmerkungen und eine Frage zum oben genannten Vorhaben:


Das Plangebiet ist an allen vier Seiten von Schutzgebieten mit hohem ökologischem Wert umgeben. Es hat die gleiche Geologie und das gleiche Klima wie die Umgebung und bietet somit die gleichen Lebensräume und Biotoptypen. Es ist daher anzunehmen und teilweise gesichert (siehe z.B. [6]), dass im Plangebiet die gleichen schutzwürdigen Arten vorkommen bzw. angesiedelt werden können wie in den angrenzenden Schutzgebieten. Nach einer Karte des Bundesamts für Naturschutz ist die Rheinebene zwischen Mainz und Bingen zu einer von 30 Biologischen Hotspots der Bundesrepublik Deutschland. Die Fläche diese Hotspots überdeckt auch das ehemalige IBM-Gelände.



Warum nutzt die Stadt Ingelheim nicht die Gelegenheit, Natur und Biodiversität zu fördern, indem sie das Plangebiet in die umliegenden Schutzgebiete integriert?


Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.



Mit freundlichem Gruß


(Unterschrift)



 

Anlagen

Erläuterungen

Quellen


 

Erläuterungen


Das ehemalige IBM-Gelände (nachfolgend Plangebiet genannt) liegt innerhalb des Natura2000 – Netzes und ist an allen vier Seiten von internationalen (Tabelle 1) und nationalen (Tabelle 2) Schutzgebieten umgeben, im einzelnen


  • Vogelschutzgebiet

  • FFH-Gebiet

  • Naturschutzgebiet

  • Landschaftsschutzgebiet

  • Gentechnikfreies Gebiet.


Landschaftsschutzgebiet und gentechnikfreies Gebiet überdecken auch das Plangebiet.


In den das Plangebiet umschließenden Gebieten liegen besonders geschützte Biotopkomplexe (Tabelle 3), Biotoptypen und nach §30 Bundesnaturschutzgesetz bzw. § 15 Landesnaturschutzgesetz besonders geschützte Biotope (Tabelle 4, siehe auch gesonderte Stellungnahme Nr. 9). In diesen Gebieten einschließlich des Plangebiets wurden nachgewiesen [6]



  • 16 Pflanzenarten der Roten Listen bzw. nach BAV geschützte Arten

  • 43 Vogelarten, davon 8 Arten der Roten Listen

  • 7 Arten geschützter Fledermäuse

  • 1 Reptilienart der Roten Liste D.


Ein anderer Autor [12] nennt 120 höhere Pflanzen. Schützwürdig sind


  • 16 Arten Rote Liste Deutschland

  • 8 Arten Rote Liste Rheinland-Pfalz

  • 11 Arten nach BNatSchG streng geschützt

  • 2 Arten nach BNatSchG besonders geschützt

  • 1 Art nach Anhang II + IV FFH-Richtlinie prioritär geschützt.



Nach dem Bewirtschaftungsplan für Das Vogelschutz- und FFH-Gebiet [7] kommen folgende bedrohte und nach Anhang II der FFH-Richtlinie besonders zu schützende Tiere vor:


  • Hirschkäfer

  • Grauspecht

  • Wendehals

  • Wiedehopf

  • Schwarzspecht

  • Neuntöter.


Die von diesem Bewirtschaftungsplan erfassten basenreichen Sandrasen sind „landesweit einmalig, sehr artenreich und Lebensraum“ für


  • Sand-Silberscharte

  • Blauschillergras

  • Steinkraut

  • Ebensträußiges Gipskraut

  • Kegel-Leimkraut

  • Sandstrohblume.


Der „landesweit bedeutsame“ Steppenrasen ist Lebensraum für


  • Frühlings-Adonisröschen

  • Walliser Schwingel

  • Violette Schwarzwurzel

  • Echtes Federgras


bedeutendes Vorkommen


Bei einer Begehung der Wege in unmittelbarer Umgebung des Plangebiets wurden folgende

seltene und teilweise geschützte Arten [8] nachgewiesen:



Fliegen

  • Wiesen-Wespenschwebfliege

  • Zichzacklinien-Trauerschweber


Hautflügler

  • Sichelwanzen-Grabwespe sehr selten

  • Heuschrecken-Sandwespe selten

  • Große Kreiselwespe Rote Liste 2 Verantw.-Art

  • Ackerhummel

  • Haus-Feldwespe


Schmetterlinge

  • Zypressenwolfsmilch-Glasflügler sehr selten Rote Liste 1

  • Zitronenfalter

  • Schachbrett

  • Schwarzkolbiger Braun-Dickkopffalter



Käfer


  • Dünen-Sandlaufkäfer Rote Liste 3

  • Vierundzwanzigpunkt-Marienkäfer

  • Zweibindiger Schmalbock

  • Anthaxia quadripunctata/godeti sehr selten

  • Braunrötlicher Spitzdeckenbock


Heuschrecken

  • Roesels Beißschnecke

  • Chorothippus biguttulus-Gruppe

  • Gefleckte Keulenschrecke

  • Blauflügelige Ödlandschrecke Rote Liste 3

  • Westliche Beißschrecke Rote Liste 3

  • Großes Heupferd


Wanzen


  • Rote Halsring-Weichwanze

  • Schwarzrote Sichelwanze

+ weitere 78 Arten [9]


Zur ökologischen Wertigkeit tragen auch die Laufkäfer bei. Nach einer aktuellen

Untersuchung [10] wurden auf der Uhlerborner Düne 44 Arten festgestellt, von denen „20 auf den Roten Listen von Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz stehen. Drei Arten ... sind landesweit vom Aussterben bedroht, zwei weitere sind landesweit stark gefährdet.“ 28 dieser Arten sowie 2 vom Aussterben bedrohte Arten wurden in unmitelbarer Nähe des Zaunes um das IBM-Gelände festgestellt.



Eine Liste [11] mit Zufallsfunden von Insekten im Uhlerborner Sandgebiet nennt 96 Arten, darunter seltene Arten wie



  • Brombeer-Perlmuttfalter

  • Spanische Flagge

  • Storchschnabelbläuling

  • Schwarze Heidelbeerlibelle

  • Rotköpfiger Linienbock

  • Dichtpunktierter Walzenhalsbock

  • Stilettfliege.



An verschiedene Stellen (u.a. auch der Fläche nördlich des ehemaligen IBM-Geländes)

wurden nachgewiesen



  • Östliche Ringelnatter (Natri natrix) [14] Rote Liste V

  • Erdkröte (Bufo bufo) [15]

  • Haselmaus (Muscardinus avellanarius) [16].






Tabelle 1. Internationale Schutzgebiete Natura2000 Netz[1]


Vogelschutzgebiet und FFH-Gebiet

EU-Nummer

Osiris-Kennung

Name

DE-6014-401

VSG-6014-401

Dünen- und Sandgebiet Mainz-Ingelheim

DE-6014-302

FFH-6014-302

Kalkflugsandgebiet Mainz-Ingelheim


Lebensraumtypen

Objektname

Langname

Kurzname

BT-5914-0011-2012

Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus

und Agrostis [Dünen im Binnenland]

2330

BT-5914-0183-2012

Kiefernwälder der sarmantischen Steppe

91U0




Tabelle 2. Nationale Schutzgebiete [2]


Art

Name

Nummer

Rechtsgrundlage

Naturschutzgebiet *)

Lennebergwald

NSG-7339-060

Rechtsverordn. v. 24.05.96

Landschaftsschutzgebiet **)

Rheinhessisches Rheingebiet

07-LSG-73-2


Gentechnikfreies Gebiet **)



§19 LNatSchG

Gesetzl. Gesch. Biotope

Siehe Tabelle 5


§ 30 BNatSchG


*) umgibt das Plangebiet auf allen vier Seiten

**) schließt das Plangebiet ein



Tabelle 3. Biotopkomplexe [4]


Objektname

Kennung

Kalkflugsandgebiet zwischen Uhlerborn und der Autobahn A 60

BK-5914-002-2012

Sand- und Steppenrasen Uhlerborn am Westrand des Lennebergwaldes

BK-5914-003-2012

Dünenzug am Forsthaus, Südteil des Lennebergwaldes

BK-5914-005-2012

Lennebergwald westlich von Mainz

BK-5914-009-2012

Teich im Wald E Uhlerborn

BK-5914-0530-2012




Tabelle 4. Nach § 30 BNatSchG und § 15 LNatSchG geschützte Biotoptypen [5]


Objektname

Kurz-

name

Langname

Objektbezeichnung

BT-5914-0117-2006

HK8

Erwerbs- oder

Extensivobstanlagenbrache

Erwerbsobstbaubrache in Kalkflugsandgebiet ...

BT-5914-0011-2012

zDC0

Silikattrockenrasen

Sandrasen im Kalkflugsandgebiet ...

BT-5914-0010-2012

zDD5

Sandsteppenrasen

Sandrasen in Sand- und Steppenrasen ...

BT-5914-0009-2012

zDD6

Subkontinentale Halbtrocken- und Steppenrasen

Steppenrasen ...

BT-5914-0175-2006

yAU0

Aufforstung

Aufforstung im Lennebergwald ...

BT-5914-0105-2006

yFF0

Teich

Teich im Wald ...

BT-5914-0183-2012

zAK0

Kiefernwald

Kieferntrockenwald

BT-5914-0145-2006

yAK1

Kiefernmischwald mit einheimischen Laubbaumarten

Kiefernmischwald mit einheimischen Laubhölzern in Dünenzug ...


Quellen


[1] LANIS Kartendienst > Schutzgebiete > Intern.Schutzgebiete >

IUCN-IV Biotop-/Artenschutzgebiet >Natura2000 Netz


[2] LANIS Kartendienst > Schutzgebiete > Nationale Schutzgebiete


[3] LANIS Kartendienst > Biotopkataster > geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG


[4] LANIS Kartendienst > Biotopkataster > Biotopkomplexe


[5] LANIS Kartendienst > Biotopkataster > gesetzlich geschützte Biotope und LANIS Kartendienst > Biotopkataster > Biotoptypen


[6] C.Willigalla, G.Gorzejeska: Floristische und Faunistische Kartierung Ehemaliges IBM-Gelände Heidesheim. Endbericht 08.11.2019


[7] Bewirtschaftungsplan BWP_1012_03_S_Fachplan_Anlagen_Arten_Steckbriefe

Bewirtschaftungsplan BWP_1012_03_S_Fachplan_Grundlagen

Bewirtschaftungsplan BWP_1012_03_S_Fachplan_Maßnahmen


[8] Dr. U.Gönner, E.Entenmann: Begehung der Uhlerborner Dünen am 27.06.2021

https://naturgucker.de/natur.dll/PA73s~1fENGJzfjiHtFER9qJ9kS/

> Gebiete > Uhlerborn > Beobachtungen


[9] Dr.Hannes Günther: Artenliste mit 78 Arten. Persönliche Mitteilung vom 21.06.2021.

Es handelt sich um eine „Wanzenfauna ohne große Seltenheit“, die aber „in der Gesamtheit typisch [ist] für trockene sandige Standorte“.

Eine umfassende Artenliste liegt vor.


[10] H.-H.Ludewig: Zur Laufkäferfauna der Uhlerborner Dünen bei Heidesheim in Rheinhessen (Coleoptera: Carabidae). Mainzer naturwiss.Archiv 56, 259-268 (2019).

Die Veröffentlichung enthält eine umfangreiche Artenliste


[11] H.-G.Volz: Ausgewählte Zufallsfunde von Insekten im Uhlerborner Sandgebiet.

Unveröffentlicht.

Eine Artenliste liegt vor.


[12] Th.Becker: Floristische Beurteilung der an das ehemalige IBM-Gelände angrenzenden Biotoptypen. Amtliche Biotopkartierung Rheinland-Pfalz (2012 und Fortschreibung) und eigene Beobachtungen (2016).

Eine Artenliste liegt vor.



[13] LANIS-Bund: Hotspots der Biologischen Vielfalt. Bearbeitungsstand Februar 2012.

Nördliche Oberrheineben mit Hardtplatten (Hotspot 10, Teil 1)

Bundesamt für Naturschutz, Konstantinstraße 110 53179 Bonn


[14] https://www.artenanalyse.net/Artenanalyse/ Art ID 102338 Östliche Ringelnatter Natrix natrix 2019-09-04


[15] https://www.artenanalyse.net/Artenanalyse/ Art ID 102322 Erdkröte Bufo bufo 2018-04-02



[16] https://www.artenanalyse.net/Artenanalyse/ Art ID 6549 Haselmaus Muscardinus avellanarius 2011-10-21


 



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